Nationalrat: Was Abgeordnete gegen wiederholte Vertagungen tun können

Wien (PK) – Über „Vertagungsorgien“ und „schubladisierte“ Anträge
klagen
Abgeordnete des Öfteren. Was sie damit meinen? Ausschüsse können
Anträge vertagen, um zu einem späteren Zeitpunkt erneut darüber zu
beraten. Die Initiativen kommen dann – zumindest vorerst – nicht ins
Plenum, wo sie vor großem Publikum debattiert werden könnten.
Betroffen sind davon meist Anträge der Opposition, denn für eine
Vertagung braucht es eine Mehrheit im Ausschuss. Die Initiativen
landen also „in der Schublade“, so zumindest der Vorwurf.

Wer die Geschäftsordnung des Nationalrats genau liest, stößt aber
auf die Möglichkeit des “ Verlangens gemäß § 26 Abs. 8 „. Demnach
können die Antragstellerinnen oder Antragsteller eines
selbstständigen Antrags dem Ausschuss eine Frist setzen. Spätestens
ein Jahr nach der Zuweisung muss der zuständige Ausschuss dann über
den Antrag Bericht erstatten. Das heißt, er muss den Antrag entweder
annehmen, ablehnen oder die Zuweisung an einen anderen Ausschuss
empfehlen. Eine Vertagung ist nicht mehr möglich. In einer der beiden
nächstfolgenden Sitzungswochen muss der Antrag dann auf der
Tagesordnung einer Plenarsitzung stehen.

Für das Verlangen braucht es fünf Abgeordnete, den Antragsteller
bzw. die Antragstellerin mit eingerechnet. Es muss spätestens sechs
Monate, nachdem der Antrag dem Ausschuss zugewiesen wurde,
eingebracht werden. Jede Abgeordnete bzw. jeder Abgeordnete darf
maximal zwei solcher Verlangen im Jahr unterstützen. Das Verlangen
muss dem Präsidenten bzw. der Präsidentin des Nationalrats
schriftlich übermittelt werden.

Verlangen auf Berichterstattung binnen eines Jahres liegen vor

Aktuell nutzen FPÖ und Grüne dieses Instrument. Im morgigen
Budgetausschuss stehen zwei entsprechende Anträge der FPÖ auf der
Tagesordnung. Die Freiheitlichen wollen erreichen, dass im Bundes-
Gleichbehandlungsgesetz wieder von der Gleichbehandlung von „Mann und
Frau“ die Rede ist ( 8/A ) und die zwei biologischen Geschlechter
männlich und weiblich im Staatsgrundgesetz verankert werden ( 9/A ).
Die Frist für den Ausschuss läuft am 20. November ab.

Auch bei drei weiteren Anträgen der FPÖ liegt ein entsprechendes
Verlangen vor. Der Innenausschuss muss demnach bis 26. Februar 2026
über die FPÖ-Forderung nach einem Stopp der Verleihung der
österreichischen Staatsbürgerschaft an Asylberichtigte ( 61/A(E) )
und bis 27. März 2026 über einen Antrag für einen „Asylstopp“ ( 179/A
) entscheiden. Dem Verfassungsausschuss haben die Freiheitlichen für
ihre beantragte Ministeranklage der ehemaligen Klimaschutzministerin
Leonore Gewessler ( 169/A ) eine Frist bis 26. März 2026 gesetzt. Die
Grünen haben verlangt, dass der Ausschuss für Menschenrechte bis 16.
Oktober 2026 über ihre Forderung entscheidet, wonach Österreich sich
verstärkt um einen Friedensprozess in Nahost bemühen soll ( 543/A(E)
).

Verlangen gemäß § 26 Abs. 8 der Geschäftsordnung des Nationalrats
gab es vereinzelt übrigens auch in früheren Legislaturperioden. So
drängte etwa im Jahr 2021 die damalige Opposition von SPÖ, FPÖ und
NEOS auf eine fristgerechte Entscheidung des Verfassungsausschusses
über ihren Antrag zur „Rettung der direkten Demokratie in Vorarlberg“
( 1080/A(E) ). Der Ausschuss setzte sich rund zwei Wochen vor
Fristablauf mit dem Anliegen auseinander. Der Antrag wurde abgelehnt.
Insgesamt handelt es sich um ein selten genutztes Instrument. (
Schluss) kar