„Henker wider Willen“: „Universum History“ über den Alltag eines Scharfrichters im 16. Jahrhundert

Wien (OTS) – Nürnberg, 1593: Als Scharfrichter wird Frantz Schmidt
gefürchtet,
aber auch ausgegrenzt. Obwohl er als Henker Gerichtsurteile
exekutiert, haftet ihm und seiner Familie das Stigma der
„Unehrlichkeit“ an. Diesen Makel aber will Schmidt nicht hinnehmen.
Es muss sich etwas ändern. Mit einem Tagebuch, in dem er detailgetreu
seine Tätigkeit als Henker beschreibt, hofft er allen Widerständen
zum Trotz das Unmögliche zu erreichen: seine Familienehre
wiederherzustellen. Die „Universum History“-Dokumentation „Henker
wider Willen – Ein Scharfrichter im 16. Jahrhundert“ von Sigrun Laste
und Vivien Schwarzenberg (ORF-Bearbeitung: Hans Wu) zeigt am Freitag,
dem 10. Oktober 2025, um 22.35 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON den Alltag
eines Henkers um 1590. Interviews mit Experten und Expertinnen
erweitern den Blick auf eine auch in ihrer Rechtsprechung
gewalttätige Zeit.

Es ist eine wahre Geschichte, basierend auf den Aufzeichnungen
des Scharfrichters Frantz Schmidt, die weit mehr offenbaren als nur
den blutigen Alltag eines Henkers. Obwohl er als letzte Instanz der
Gerichtsbarkeit des 16. Jahrhunderts handelt, ringt Schmidt mit den
moralischen Konflikten und der gesellschaftlichen Ausgrenzung, die
untrennbar mit seinem „unehrlichen“ Handwerk verbunden sind. „Man
muss zwischen den Zeilen lesen, um zu erkennen, wie er wirklich mit
seiner Position gehadert hat, obwohl er sie pflichtbewusst erfüllte“,
erklärt Historiker Joel Harrington. Er beschreibt Schmidt als einen
Mann voller Widersprüche, der nicht nur Henker war, sondern auch
Vater, Ehemann und Heiler.

Mit 19 Jahren exekutiert Schmidt zum ersten Mal – mit dem
Schwert. Der ehrenvollste Tod für einen Delinquenten, der
schwierigste für den Scharfrichter, denn die richtige Stelle am Hals
mit dem richtigen Kraftausmaß zu treffen, erfordert höchste Präzision
und Können. Fertigkeiten, die Frantz Schmidt von seinem Vater gelernt
hat. Die Schatten seines Berufs sind seine ständigen Begleiter. Um
seiner Familie ein würdigeres Leben zu ermöglichen, widmet sich
Schmidt zunehmend einer für Scharfrichter üblichen Nebentätigkeit:
als Heiler. Menschen aller Gesellschaftsschichten besuchen ihn im
Henkerhaus, um sich von ihm helfen zu lassen. Gleichzeitig übt Frantz
sein blutiges Handwerk mit größter Präzision aus – getrieben von der
Hoffnung, es eines Tages hinter sich lassen zu können.

Schmidts Aufzeichnungen gewähren einen erschütternden Einblick in
die Brutalität der Justiz der frühen Neuzeit. Detailliert offenbart
das Tagebuch die gängigen Strafen seiner Zeit, wie sie auch in der
Constitutio Criminalis Carolina, dem ersten deutschen Gesetzbuch,
festgeschrieben sind. Hinrichtungen waren keine bloßen Rechtsakte,
sondern öffentliche Spektakel. „Eine Hinrichtung ist ein religiöses
Ritual, mit dem nicht nur die Rechtsprechung legitimiert, sondern
auch die aufgebrachte Menge zufrieden gestellt wird“, erklärt
Strafrechtshistoriker Markus Hirte.