Wien (OTS) – Mikol̸aj Ogrodnik vom LBI Trauma schlägt vor, Altern neu
zu denken.
Denn alternde Organe zeigen dieselben Aktivierungs- und
Entzündungsprozesse wie verletztes Gewebe, mit dem Unterschied, dass
dies nie in einen Heilungsprozess übergeht. Warum das so ist und
welche Lehren wir daraus ziehen können, wurde nun im renommierten
Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.
Mikol̸aj Ogrodnik, Gruppenleiter am Ludwig Boltzmann Institut für
Traumatologie, das Forschungszentrum in Kooperation mit der AUVA (LBI
Trauma) beschreibt in einem Perspective-Artikel in Nature
Communications, wie sich Alterung verstehen lässt, wenn man sie als
dauerhaft aktivierte Reaktion auf Gewebeschäden betrachtet. Altern
ist nach seinem Modell nicht nur ein langsamer Funktionsverlust,
sondern ein andauernder „Alarmzustand“ im Gewebe.
Zwtl.: Wenn Heilung nie abgeschlossen wird
Die Publikation von Mikol̸aj Ogrodnik argumentiert, dass viele
typische Kennzeichen des Alterns – darunter chronische
Entzündungsreaktionen, Immunzellinfiltration und zelluläre Seneszenz
– Parallelen zu den frühen Phasen der Wundheilung aufweisen. Der
entscheidende Unterschied: „Bei einer akuten Verletzung laufen diese
Prozesse nur vorübergehend ab und leiten dann zur eigentlichen
Reparatur über“, erklärt Mikol̸aj Ogrodnik. In alternden Organen
hingegen bleiben diese Alarmprogramme chronisch aktiv. Das Gewebe
verharrt gewissermaßen in einem entzündlichen Vorstadium der Heilung,
mit Folgen wie Funktionsverlust, langsameren Heilungsverläufen und
erhöhter Krankheitsanfälligkeit.“
Des weiteren legt die Publikation wichtige Belege für eine tiefe
Überschneidung zwischen Verletzung und Alterung vor. Behandlungen,
die den Alterungsprozess verlangsamen, beeinträchtigen häufig die
Heilung – und umgekehrt. Diese Beobachtung legt nahe, dass beide
Prozesse gemeinsame molekulare Signalwege nutzen. Sie könnte
erklären, warum das bloße Unterdrücken von Entzündung oder Seneszenz
zwar das Altern verzögert, jedoch oft auf Kosten der
Regenerationsfähigkeit geschieht.
Zwtl.: Implikationen für Forschung und Therapie
Ogrodnik bietet in seiner These einen integrierenden Rahmen, der
Erkenntnisse aus Zellbiologie, Immunologie und Regenerationsforschung
zusammenführt. Ziel ist es nicht, eine einzelne Ursache des Alterns
auszurufen, sondern ein Arbeitsmodell zu liefern. Alternde Organe
verhalten sich demnach biologisch so, als stünden sie dauerhaft unter
„Schadensmanagement“. Dieses Verständnis könnte künftig helfen,
gezielter zu untersuchen, wie alterndes Gewebe unterstützt, entlastet
oder wieder in Richtung funktioneller Erholung geführt werden kann.
„Wenn wir Altern als dauerhaft aktivierte Reaktion auf Gewebeschaden
verstehen, können wir ganz anders fragen: Welche dieser Reaktionen
helfen noch – und welche richten inzwischen mehr Schaden an als
Nutzen? Genau dort könnten künftige Therapien ansetzen“, so Ogrodnik
abschließend.
Über Mikol̸aj Ogrodnik
Mikol̸aj Ogrodnik promovierte am Newcastle Institute for Ageing (
Newcastle upon Tyne, Vereinigtes Königreich) und forschte als Post-
Doc an der Mayo Clinic (Rochester, MN, USA). Seine Forschungsarbeit
vor und nach der Promotion konzentrierte sich in erster Linie auf die
Beziehung zwischen zellulärer Seneszenz und Organfunktionen bei
Alterung und Adipositas.
Publikation:
Ogrodnik, M. Aging: the wound that never starts healing. Nat Commun
16, 8732 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-64462-3