ČRNOMELJ (OTS) – Gestern wurde auf dem Friedhof in der slowenischen
Ortschaft Vojna
vas, unweit der Grenze zu Kroatien, im Rahmen einer Feierlichkeit ein
Denkmal für all jene Geflüchteten enthüllt, die ihr Leben infolge des
europäischen Grenzregimes verloren haben. Mindestens 50 Gräber
geflüchteter Menschen sind in Slowenien bislang bekannt – die
Dunkelziffer ist deutlich höher und steigt von Jahr zu Jahr.
Das Denkmal, initiiert von der slowenischen Gruppe „Prehod“ und
finanziert von der österreichischen NGO SOS Balkanroute, wurde auf
dem Friedhof hinter neun Gräbern ertrunkener und großteils nicht
identifizierter Geflüchteter errichtet. Den Feierlichkeiten wohnten
aus Österreich neben Vertreter:innen von SOS Balkanroute auch
Mitglieder des Pfarrnetzwerks Asyl bei.
Zwtl.: Immer mehr Todesfälle
„Obwohl in Slowenien jedes Jahr mehr Todesfälle unter
Migrant:innen verzeichnet werden, wird in der Öffentlichkeit kaum
darüber gesprochen. Diese Tragödien ereignen sich an vielen Orten im
Land – auf der Autobahn zwischen Brezovica und Vrhnika, in der
Schlucht zwischen dem Kokrško-Sattel und der Kamniška Bistrica unter
dem Berg Kališka gora, vor der Polizeistation in Ilirska Bistrica
sowie häufig als Ertrinkungsfälle in der Ljubljanica, der Dragonja
und am häufigsten im Fluss Kolpa“, sagte Dr. Uršula Lipovec Čebron,
Professorin an der Philosophischen Fakultät der Universität
Ljubljana, bei der Enthüllung des Denkmals in Vojna vas.
Das Werk des akademischen Bildhauers Tomaž Furlan hat die Form
einer Brücke bzw. eines Übergangs. Der Sockel besteht aus Steinen aus
dem Fluss Kolpa – so sollen die Orte der Tragödien symbolisch in das
Denkmal selbst einfließen.
Zwtl.: „Väter, Söhne, Töchter …“
Die Idee für das – erste Denkmal dieser Art in Slowenien – stammt
von Nada Šimunić, einer Flüchtlingshelferin aus der Ortschaft selbst:
„ Es durchfuhr mich der Gedanke, dass das keine unbekannten
Personen sind, sondern Väter, Söhne, Töchter, Mütter, Brüder, Enkel –
Menschen. Da wurde mir klar, dass wir ihnen zumindest im Tod ein
Recht geben müssen. Ich erinnerte mich an meine Kindheit, als nach
dem Krieg viele unserer Landsleute fortgingen. ‘Die Nacht hat sie
geholt’, sagte man damals. Achtzig Jahre später erleben wir eine
ähnliche Geschichte.
Die als N.N. Bezeichneten durften keine Brücken überqueren, kein
fremdes Land betreten; es gab keine Zukunft für sie – sie waren
unerwünscht, verfolgt. Möge dieses Denkmal den Angehörigen Trost
spenden, wenn sie erfahren, dass ihre Söhne in slowenischer Erde
ruhen.“
Zwtl.: Bürgermeister zeigt Haltung
Auch der Bürgermeister der 6.000-Einwohner-Gemeinde Črnomelj,
Andrej Kavšek, nahm an der Feier teil. „Wir können nicht mehr
gleichgültig bleiben. Menschen in Not zu helfen ist und bleibt die
höchste zivilisatorische Pflicht.“
„Es war bewegend, dabei zu sein, und ein Privileg, dass wir
dieses wichtige Denkmal finanzieren konnten. Allein in Bosnien-
Herzegowina hat SOS Balkanroute bisher bereits drei Friedhöfe
renoviert, 67 Grabsteine und zwei Denkmäler errichtet. Wir werden
diese Arbeit mit aller Kraft in der gesamten Region fortsetzen. Alle
sollen wissen, was auf der Balkanroute geschieht“, sagte Petar „Pero“
Rosandić, Obmann der SOS Balkanroute.
Am 5. November findet in Wien ein interreligiöses Totengedenken
in der Pfarre Franz von Sales um 18:30 statt, bei dem aller
verstorbenen Geflüchteten auf der Balkanroute gedacht wird